Mehr als 500 Teilnehmer feierten das Jubiläum 200 Jahre Fahrrad

Am 16. Februar fand der AGFS-Kongress 2017 im Congress Center West der Messe Essen statt. Unter dem Motto "200 Jahre Fahrrad - der AGFS-Kongress" stand die (Erfolgs-)Geschichte des Fahrrads im Fokus. Die Referenten blickten vor mehr als 500 Teilnehmerinnen und Teilnehmern nicht nur in die Vergangenheit, sondern setzten sich auch mit dem Status quo des Radverkehrs und seiner zukünftigen Entwicklung auseinander.

NRW soll Vorreiter in Sachen Radverkehr bleiben

Staatssekretär Michael von der Mühlen vom Ministerium für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr NRW bekräftigte, dass der Radverkehr eine immer wichtigere Mobilitätsalternative für NRW ist: Radschnellwege, Fahrradstationen, Radroutenplaner - in all diesen Themenfeldern ist Nordrhein-Westfalen an der Spitze der Bundesländer. Und dies soll auch zukünftig so bleiben. Deswegen wurde im Rahmen des Kongresses eine Fachpartnerschaft zwischen dem Ministerium für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr NRW und der US-amerikanischen Stadt Chicago zur Förderung des Radverkehrs geschlossen. Dabei kooperieren beide mit der AGFS, dem ADFC Bundesverband, dem ADFC NRW und der Active Transportation Alliance, ebenfalls aus Chicago.

Das Fahrrad wird innovativer und individueller

Bei allen Neuerungen bleibt das Fahrrad letztlich immer das Fahrrad. Stimmt und stimmt nicht. Gunnar Fehlau vom pressedienst fahrrad zeigte in einem launigen Vortrag, dass sich einiges beim "Produkt" Fahrrad tut - auch abseits des Pedelec-Booms. Das Fahrrad ist und wird individueller, schneller und hochwertiger ausgestattet. Dem müssen die Verantwortlichen auch bei der Planung der Infrastruktur Rechnung tragen.

200 Jahre Fahrrad - ein Blick in die Vergangenheit

Nach diesem Blick auf die Gegenwart und die Zukunft des Fahrrads setzte sich Prof. Heiner Monheim mit der Fahrradgeschichte, der Fahrradkultur und der bisherigen Fahrradpolitik in Deutschland auseinander. War das Fahrrad bis in die 1950er-Jahre noch das dominante Verkehrsmittel, leidet der Radverkehr letztlich bis heute unter der danach einsetzenden Verdrängung aus dem Verkehrsraum und der Verkehrspolitik. Erst in den 1990er-Jahren begann man mit einer systematischen Fahrradförderung. Sein Fazit: Dem Radverkehr wird viel zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Es gibt bei Bund, Ländern und Kommunen noch viel zu tun, höchste Zeit, die Bemühungen zu intensivieren.

"Generation Fahrrad" - die AGFS-Kampagne zum Fahrradjubiläum

Für die AGFS stellte Franz Linder von der P3 Agentur die neue Imagekampagne "Generation Fahrrad" vor: Das Fahrrad ist auf dem Weg in die Mitte der Gesellschaft. Es ist für viele Menschen mehr als ein Transportmittel und auch mehr als nur ein alltägliches Verkehrsmittel. Das Fahrrad ist heute das, was das Auto gestern war. Wir alle sind die Generation Fahrrad. Dieses neue Selbstbewusstsein vermittelt die AGFS mit der größten Kampagne, die sie bis dato entwickelt und durchgeführt hat. Diese startete offiziell Anfang April 2017. Ab Juni waren die verschiedenen Plakatmotive auf rund 3.000 Werbeflächen in ganz NRW zu sehen. Ein umfassender Online- und Social-Media-Auftritt sowie Gewinnspiele komplettierten die Jubiläumskampagne.

Vorbild Niederlande - Radverkehrsförderung bei unseren Nachbarn

Nach der Pause warf Michael Milde, Abteilungsleiter Verkehrsplanung der Stadt Münster, einen kritisch-optimistischen Blick auf die Radfahrweltmeister aus den Niederlanden. Bei einem Vergleich der dortigen Erfolge mit unserem Stand der Radverkehrsförderung werden Akteure hierzulande zuweilen etwas mutlos. Müssen sie aber nicht, meint Michael Milde. Vielmehr sollten sich Bund, Land und Kommunen bei der Ausgestaltung der Infrastruktur, der Reduzierung der Autoverkehrsflächen und der finanziellen Förderung des Radverkehrs an den Niederlanden orientieren.

Neuordnung des öffentlichen Verkehrsraums - große Ziele in die Zukunft

In der Podiumsdiskussion mit Landtagsabgeordneten und Fachleuten zum Radverkehr im Jahr 2025 zeigte sich, dass es trotz vieler Erfolge bei der Radverkehrsförderung immer noch einiges zu tun gibt. Viele Orte stehen heute verkehrsplanerisch an einem Punkt, wo sich ein "Weiter so!" verbietet. Letztlich muss eine Neuordnung des öffentlichen (Verkehrs-)Raums begonnen werden, wenn das Fahrrad auf deutlich mehr Wegen genutzt werden soll.

Bedürfnisse der Radfahrenden im Mittelpunkt

Im Anschluss an die Podiumsdiskussion stellte Burkhard Stork die Bedürfnisse der Radfahrenden in den Mittelpunkt des Kongresses. Gemessen am Modal-Split-Anteil des Radverkehrs sind die Erfolge der Radverkehrsförderung bislang bescheiden. Eine Erfolg versprechende Möglichkeit, um mehr Menschen für das Fahrrad als Alltagsverkehrsmittel zu begeistern, ist der stärkere Einsatz von "protected bike lanes". Sie erlauben es gerade den besonders schutzbedürftigen Menschen, wie Kindern sowie Seniorinnen und Senioren, sicher mit dem Fahrrad am Straßenverkehr teilzunehmen.

"protected bike lanes" als Mittel effektiver Radverkehrsförderung

Viele US-amerikanische Städte setzen "protected bike lanes" mit großem Erfolg ein. David Smith, Verkehrsplaner bei der Stadt Chicago, berichtete wie Chicago unter anderen damit zu einer der Top-3-Fahrradstädte in den USA geworden ist. Der Vorteil dieses Infrastrukturelements ist, dass es vergleichsweise günstig und sehr schnell umsetzbar ist. So hat die Stadt Chicago die erste "protected bike lane innerhalb von nur 30 Tagen geplant und umgesetzt. Ausschlaggebend bei solch ambitionierten Plänen ist, dass die politische und administrative Führung der Stadt geschlossen hinter der Förderung des Radverkehrs und hinter den Einzelprojekten steht.

Erfolgreiche Zukunft für das Fahrrad

Trotz einiger kleiner Rückschläge in der Vergangenheit ist die AGFS davon überzeugt, dass dem Fahrrad eine erfolgreiche Zukunft bevorsteht. Dafür müssen jedoch jetzt die richtigen Weichen gestellt werden. Michael Blaess, der Pressesprecher der AGFS, stellte in seinem Abschluss-Statement klar, dass die Transformation des öffentlichen Raums von einem rein funktional auf die Bedürfnisse des Autoverkehrs ausgerichteten hin zu einem "wirklichen Lebens- und Bewegungsraum" jetzt begonnen werden muss. Nahmobilität wird Basismobilität", "Bewegungsaktivierende Infrastruktur" und Radschnellwege sind einige der Stichworte, von denen sich die AGFS dabei leiten lässt, diese längst fällige Transformation einzuleiten.

Hier finden Sie die Vorträge der Referenten zum Download:

Impressionen